Waren bisher VW, Audi, BMW und viele andere als sparsame Verbrenner die Heroes auf unseren Straßen, legt aktuell die E-Mobility einen Gang zu: Der Anteil der mit Strom betriebenen Fahrzeuge wächst rasant. Eines ist jedoch klar: Jedes dieser Autos – oder besser gesagt, deren Akku als Energiequelle – erreicht einmal das Ende seiner Einsetzbarkeit im Fahrzeug. Hier kommt e.battery systems ins Spiel. Das Vorarlberger Innovationsunternehmen hat es sich zur Aufgabe gemacht, den mit hohem Rohstoff- und Energieaufwand hergestellten Batterien ein zweites Leben zu verleihen. Durch ihre Second-Life-Energiespeicher mausern sie sich mit Unterstützung von Rittal zum Game Changer in Sachen CO2-Bilanz und Nachhaltigkeit.
Text und Bilder: Ing. Martin Gold, Journalist, Autor und Fotograf, Wien
„Wir sind nicht einfach ein Batteriehersteller“, sagt Mag. (FH) Christopher Schöpf, CSO der in Dornbirn ansässigen e.battery systems AG, kurz e.bs, „wir wollen mit Hochtechnologie innovative Anwendungen in den Bereichen Elektromobilität und Energiespeicherung vorantreiben“. Entstanden ist sein Unternehmen als Spin-off der Akku Mäser GmbH 2019. Ziel: Die Zukunft mitzugestalten. „Dazu haben wir zwei Business Units aufgebaut. In Unit 1 widmen wir uns der Entwicklung von neuen Batteriesystemen für die Elektromobilität, für Windkraftanlagen und für andere Energiespeicher“, erklärt Schöpf. Eine Herausforderung ist das bloße Verbinden von Lithium-Ionen-Zellen zu einem Akkupack nicht. Interessant wird es erst so richtig, wenn man die erforderliche Kühlung miteinbezieht. „Die einzelnen Zellen erhitzen sich umso mehr, je mehr Leistung man ihnen abfordert“, so der Experte, „und das verkürzt die Lebensdauer. Wir schaffen es mit unserer patentierten Technologie, eine wesentlich höhere Performance zu erreichen, als andere.“
e.bs setzt nämlich auf die sogenannte Immersionskühlung. Das heißt, die einzelnen Akkuzellen liegen in einem Flüssigkeitsbad und werden von einem speziellen Öl umspült. „Aus unserer Sicht ist dieser Ansatz ohne Alternative, wenn man aus dem Battery Pack wirklich hohe Leistung herausholen und dabei nicht auf lange Lebenszeit verzichten möchte“, so Schöpf. Die Lösung klingt zwar simpel, sie ist es aber keineswegs. Nicht umsonst widmen sich in Summe elf e.bs-Mitarbeiter ausschließlich der Entwicklung der Batteriesysteme.
Was tun mit Gebrauchtbatterien?
Für neue Battery Packs hatte e.bs also eine herausragende Lösung entwickelt. „Dann stellten wir uns die Frage: Was tun mit Batterien aus Elektrofahrzeugen, die zum Beispiel nach 150.000 Kilometern und zehn Jahren Einsatzzeit das Ende der Garantiezeit erreicht haben? Und was müssen wir tun, um für das Second-Life nochmals zehn Jahre Garantie geben zu können?“ Die Aufgabe für das Entwickler-Team war also definiert – und die Business Unit 2 geboren. „Unser Ansatz war es, leistungsfähige Energiespeicher als flexible Containerlösung herzustellen. Dafür kaufen wir gebrauchte Batteriemodule zu und verbinden mehrere von ihnen zu einem Gesamtsystem. Später wollen wir natürlich unsere eigenen Produkte, die nach Ablauf der Garantiezeit nach zehn Jahren zu uns zurückkommen, dafür nutzen. Aber dafür ist unser Unternehmen noch zu jung“, verrät Christopher Schöpf mit einem Augenzwinkern. Da die gebrauchten E-Mobility-Batterien nicht geöffnet werden sollten, war die Immersionskühlung ausgeschlossen. Umso mehr widmete sich e.bs der technologischen Gestaltung des Gesamtsystems.
„Wir haben eigens dafür eine leistungsstarke KI im Einsatz“, verrät der Experte, „diese liefert uns laufend Informationen über den Gesundheitszustand jedes Battery Packs. Das ist unbedingt erforderlich, da nicht alle während ihres Einsatzes im Automobil gleich beansprucht wurden und sich daher in unterschiedlichen Zuständen befinden.“ Die Lösung ist, dynamisch die Belastung für jedes einzelne Battery Pack zu definieren. Mittels dieser Multilevel-Inverter-Technologie verhindern wir die Überlastung einzelner Module und die Gesamtlebensdauer steigt“, berichtet Schöpf. Obendrein klappt dies hersteller- und technologieunabhängig: Fällt nach ein paar Jahren ein Batteriemodul aus, wird es ganz flexibel durch ein anderes ersetzt.
Perfekte Lösung aus dem Baukasten
Eingebaut werden sollten die praktisch ausfallsicheren Battery Packs in einen Container, der sich flexibel am jeweiligen Einsatzort aufstellen lässt und dort etwa aus einer Photovoltaikanlage gespeist wird. „Also standen wir noch vor der Herausforderung, die passende Containerlösung zu finden“, berichtet Schöpf. Dabei ging es in erster Linie um die äußere Hülle – aber nicht nur, denn die gewichtigen Batteriemodule müssten in stabile Racks eingeschoben werden können und der ganze Container muss mit einer leistungsstarken Kühlung ausgestattet sein. Und am besten sollte es eine standardisierte, skalierbare Lösung sein. „Von dem Zeitpunkt an, als wir Rittal kontaktierten, hatten wir das Gefühl, alle dort rennen für uns, um uns diese Wünsche zu erfüllen“, gibt sich der e.bs-Vorstand beeindruckt. Realisiert wurden die Anforderungen von Rittal mittels eines Containers, in den von den Abmessungen perfekt passende 19-Zoll-IT-Racks mit Schwerlastgleitschienen eingebaut sind, in welchen die Batterien lagern. Als Grundgerüst dient das bewährte VX 25-System von Rittal.
Dazu kommt eine Ri4Power Niederspannungshauptverteilung im 185-mm-System, welche echtes Plug-&-Play beim Kunden ermöglicht. Vollendet wird der Rittal Part durch die Kühlung. Die sogenannte Kaltgang/Warmgang-Lösung – eigentlich aus der IT bekannt, aber perfekt geeignet auch für diesen Einsatzzweck – garantiert hohe Leistung und Effizienz, da die Luftzirkulation im Containerinneren den Energieverbrauch reduziert und keine Verrohrung, wie bei einer Flüssigkeitskühlung, nötig ist. „Rittal liegt etwas an individuellen und innovativen Lösungen. Und so denken wir über den Tellerrand hinaus und verwenden schon mal Elemente aus der IT in einer Industrieanwendung“, untermauert Thomas Bauer vom technischen Vertrieb bei Rittal diesen Schritt.
Eine Herausforderung ist es, die Kühlleistung an die aufgrund der variablen Leistungsentnahme unterschiedlich hohe Wärmeentwicklung der Battery Packs anzupassen. Dazu hat Rittal eine breit angelegte CFD-Analyse durchgeführt, um jede Schwachstelle aufzudecken. „Und nur weil Rittal das perfekt im Griff hat, bauen wir überhaupt eine so hohe Leistungsdichte in den Container ein, wie wir es tun. Mit Lösungen anderer Hersteller würden wir das nicht wagen.“ Ein Beispiel: Einen 20-Fuß-Second-Life-Container kühlen vier außen angebrachte Blue e+ Klimageräte von Rittal mit einer Leistung von jeweils 5 kW. Je nach Außentemperatur brauchen sie im Vergleich zu anderen Klimageräten bis zu 75 % weniger Energie – so steigern sie Effizienz und Nachhaltigkeit maßgeblich. Schöpf: „Als Start-Up hätte uns nichts Besseres passieren können.“
Effizienztreiber ohne Zweifel
Errichter und Betreiber von großen Industrie- oder Bürogebäuden sind an den Second-Life-Batteriespeichern von e.battery systems ebenso hoch interessiert, wie Energieversorger. Leistungsmäßig sind kaum Grenzen gesetzt: Bis zu 4,5 MWh lassen sich in einem 40-Fuß-Container unterbringen. „Es gibt wohl keine bessere Zweitnutzung für Batterien aus der E-Mobility“, so Vertriebsvorstand Mag. (FH) Christopher Schöpf. Zumal sich der Markt für gebrauchte Elektrofahrzeuge als ein sehr schwieriger herausgestellt hat. Einfaches Entsorgen oder Recyclen der Batterien wäre höchst unwirtschaftlich und würde allen Nachhaltigkeitszielen entgegenwirken. Problematisch, da die Gesamt-CO2-Bilanz von Elektroautos – bezieht man den Abbau seltener Erden sowie die Produktion und die Entsorgung der Batterien mit ein – ohnehin ein oft kritisierter Bereich ist. „Ein Second-Life für die Batterien, wie in unseren Energiespeichern, ist der Game Changer“, weiß Schöpf. Zweifel an der Nachhaltigkeit der Elektromobilität können so ausgeräumt werden – „und das ist durch Studien belegt“.
Kunden im Gespräch
Mag. (FH) Christopher Schöpf, CSO der in Dornbirn ansässigen e.battery systems AG erläutert, warum er auf die Zusammenarbeit mit Rittal setzt.